Im Appenzeller Hinterland überbringen Silvesterchläuse am 31. Dezember den Einwohnern der Dörfer und den Bewohnern der abgelegenen Höfe gute Neujahrswünsche. Aufgrund von Kalenderstreitigkeiten im 16. Jahrhundert wird in Urnäsch der Jahresbeginn am 13. Januar, dem «Alten» Silvester, ein zweites Mal gefeiert.
(Aus der Buchbeschreibung "Silvesterchlausen")
Hätte mich jemand vor einem halben Jahr gefragt, was
Silvesterchlausen ist, hätte ich wohl nur den Kopf geschüttelt. "Nein, keine Ahnung."
Auf das Thema gebracht wurde ich durch Marcel Grubenmann. (Bei ihm habe ich im letzten Jahr ganz tolle Fotokurse besucht und viel dazugelernt.) Er hat vor ein paar Jahren die zauberhaften Bilder für das Buch
Silvesterchlausen fotografiert.
Nun hatte er auf Wunsch von einigen KursbesucherInnen einen zweitägigen Fotoevent nach Urnäsch organisiert und ich mich natürlich sofort angemeldet.
Am 12. Januar machte ich mich dann, voller Vorfreude, begleitet von viel Nervosität und warmer Kleidung im Gepäck, mit dem Zug auf nach Herisau. Trotz Änderung der Fahrroute, wegen Verspätungen, kam ich doch noch rechtzeitig zur vereinbarten Zeit im Hotel an, wo meine "Fotigspändli" bereits gemütlich beim Kaffee sassen. Aber schon bald war es vorbei mit der Gemütlichkeit. Marcel nahm uns mit auf eine Rekognoszierungstour nach Urnäsch, um zu sehen wo wir dann am nächsten Morgen unsere drei
Schuppel (Chlausengruppe von 6 Chläusen) treffen sollten.
Einen Restaurantbesuch später (warten auf das gute Licht) führte er uns auf einen schönen Hügel, stimmte uns auf den nächsten Tag ein und gab uns ein paar sehr wertvolle Tipps mit auf den Weg.
Hier ein paar Abendbilder… wie man sieht lag im Tal kein Schnee, aber die Wolken und der Wetterbericht verhiessen Gutes.
Den Rest den Abends haben wir bei einem gemütlichen Abendessen verbracht und sind dann vorausschauend rechtzeitig in die Federn gehuscht. Vier von unserer Zehner-Gruppe mussten bereits um viertel vor fünf das Hotel verlassen. Ich durfte zum Glück noch etwas länger liegen bleiben und hatte sogar noch Zeit ein Bild aus dem Fenster zu machen - es hatte in der Nacht geschneit und schneite immer noch. So ein Glück!
Um sechs chauffierte Indra Franziska und mich im dichten Schneegestöber nach Urnäsch.
Es war noch ruhig in den Strassen und dunkel obendrein. Um halb sieben läuteten wir bei unserem
Schuppel. Die jungen Männer (schätzungsweise in den Zwanzigern) waren gerade beim Frühstück und nach unserem Eintreffen erst einmal nicht mehr sehr gesprächig… schweigen können sie, die Appenzeller ;-)
Sie tauten dann aber rasch wieder auf und machten Sprüche. So, dass wir sie nicht verstanden, versteht sich. Mit diesem Dialekt kann auch Reden Schweigen sein… spitzbübisch wollten sie natürlich wissen, ob wir sie denn verstehen würden. Sie hatten ihren Spass und wir auch.
Um sieben ging es dann ans Anziehen. Leider würden sie heute nicht das schöne
Groscht (Gewand und Haube) anziehen, denn bei dem Schneetreiben könnten die schönen Sachen beschädigt werden. So trugen sie ein
Wüeschtwetter-Groscht, das anscheinend aus einer Ausserrhodener Werktagstracht besteht. Wir durften sie bis zum Znüni begleiten. Hier sind meine Lieblings-Bilder…
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Die Kopfbedeckungen werden gerichtet |
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Der Vorrolli macht sich auf den Weg |
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Trinkpause nach dem ersten Zauren |
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Schellend und rollend geht es durch den Schnee |
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Noch ist kaum jemand unterwegs... |
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…nur "unsere" Chläuse |
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Es scheint hier niemand Zuhause zu sein |
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Dann auf zum nächsten Haus |
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Kurze Pause |
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Auch Schnee kann richtigen Chläusen nichts anhaben |
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Auf Wiedersehen - vielleicht bis im nächsten Jahr |
Und es waren auch noch viele andere Schuppel unterwegs.
Hier sind noch ein paar Bilder von
Schöwüeschte.
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Mit Vogelhüsli |
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Kalte Hände gehören dazu - Handschuhe trägt keiner der Chläuse |
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Hemdsärmlige Zuhörer |
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Schöwüeschti auf dem Weg zum nächsten Hof |
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Der wilde Tanz zwischen dem Zauren |
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Wänn eine tannigi Hose hät und hagebuechigi Strümpf... |
Für mich war das wirklich ein unvergleichliches Erlebnis. Es hat mich beeindruckt, wie stark diese Traditionen gelebt wird. Es fühlte sich an als würde ein "Zauber" der über dem ganzen Tal liegen…
(zugegeben, die Wahrnehmung folgt der Vorstellung…)